Ähnlich wie in Deutschland wird das Thema "Wolf" in Schweden sehr emotional diskutiert. Konträr stehen sich zum Teil die Positionen von Vertretern aus Naturschutz, Nutztierhaltung, Jagd, Tierschutz und anderen Interessengruppen gegenüber. Wenn auch vieles an die Diskussionen in Deutschland erinnert, so gibt es auch Unterschiede. Die Rentierwirtschaft im Norden Schwedens ist eine Form der Tierhaltung, die mit den Verhältnissen in Deutschland nicht vergleichbar ist. Riesige Regionen in den Wäldern Nordschwedens und im Gebirge (Fjäll) sind das Weidegebiet der Rentiere. Rentierhaltung und Wolf, dass scheint ein kaum lösbarer Konflikt zu sein.
Der Spannungsbogen zwischen Wolf und Jagd ist mit dem hierzulande vergleichbar. Zwar ist in Schweden der Elch das Hauptbeutetier von Wölfen, aber die Vorbehalte, die Argumente und Diskussionen, wenn es um den Wolf geht, sind ähnlich.
Für eine sachliche Auseinandersetzung und beim Widerlegen von Behauptungen über den Wolf und dessen "gierigen Lebenswandel" sind Daten und Fakten aus Wissenschaft, Forschung und von Institution sehr hilfreich.
Die Individuenzahlen sind das Ergebnis des Monitorings in der Wintersaison (Herbst bis Frühling). Außer für die Monitoringsaison 2011/2012 enthalten die Angaben auch bekannt gewordene tote Wölfe im Erfassungszeitraum.
Das Diagramm basiert auf der Erfassung und Untersuchung von 341durch Wölfe gerissene und 1162 geschossene Elche verschiedener Altersklassen. 75 % der von Wölfen gerissenen Elche waren Kälber.
Die Abschusszahlen der Elche schwankt und ist abhängig von verschiedenen Faktoren, wie beispielsweise der Einfluss der jährlichen Witterungsverläufe auf die Überlebenschancen der Elchkälber. Ein Zusammenhang zwischen der Größe des Wolfsbestandes und der schwankenden Jagdstrecke bei den Elchen kann aus den statistischen Zahlen nicht hergeleitet werden.
Die schwedische Jagdzeitschrift „Svensk Jakt“ veröffentlichte am 2. Juni 2014 einen Artikel unter der Überschrift „Skandinavische Wölfe töten mehr Elche“. Darin werden die Resultate einer Untersuchung skandinavischer Naturwissenschaftler zum Räuber-Beute-Verhältnis zwischen Elchen und Wölfen veröffentlicht:
Das Ergebnis des Wolfsforschungsprojektes Skandulv (Skandinavischer Wolf) zeigt, dass Wölfe in Nordeuropa deutlich öfter Elche töten als Wölfe es in Nordamerika tun. Dies stellen die Forscher Håkan Sand, Camilla Wikenros und Olof Liberg fest.
Um heraus zu finden warum skandinavische Wölfe Elche öfter töten als ihre nordamerikanischen Artgenossen, wurde die Prädation von Wölfen auf Elche in Skandinavien mit der gut untersuchten Wolfspopulation auf Isle Royale (USA) verglichen.
In beiden Studiengebieten ist der Elche das wichtigste Beutetier für die Wölfe. Die Elchdichte ist darüber hinaus zwischen den Untersuchungsgebieten vergleichbar.
Wie häufig Raubtiere die Möglichkeit haben Beutetiere zu töten, kann den Zuwachs der Räuberpopulation beeinflussen und demnach die Anzahl der Raubtiere in einem Gebiet.
Sowohl der Prädationstakt (Anzahl der getöteten Beutetiere in einer bestimmten Zeitspanne) und die Anzahl der Raubtiere sind bedeutsam, wie groß deren Einfluss auf die Beutetierpopulation in einem Territorium sein kann. Deshalb ist die Untersuchung wie häufig die Raubtiere verschiedene Arten von Beutetieren töten wichtig, wenn ermittelt werden soll wie hoch die Entnahme durch die Raubtiere in einer Beutetierpopulation ist.
In der Vergangenheit ging man davon aus, dass die Beutetierdichte der wichtigste Faktor ist, der darüber entscheidet wie oft Prädatoren Beutetiere töten. Andere Faktoren, die den Prädationstakt beeinflussen sind die Altersstruktur der Beutepopulation, die Gruppengröße der Raubtiere, wie viele Raubtiere es in einem Territorium gibt, als auch das räumliche Verhalten der Beutetiere.
Gerechnet pro Wolfs-Individuum ergibt sich, dass die Wölfe in Skandinavien im Durchschnitt drei mal so oft Elche töten wie auf Isle Royale. Berechnet pro Wolfsrudel haben Wölfe in Skandinavien einen ca. 40 Prozent höheren Prädationstakt.
Weil Skandinavien und Isle Royale eine vergleichbare Elchdichte haben, kann der Unterschied beim Prädationstakt nicht aus der Elchdichte hergeleitet werden.
Der größere Prädationstakt in Skandinavien kann indessen zum großen Teil daraus erklärt werden, dass:
- die Wölfe Zugang zu mehr Elchen pro Individuum haben, weil die Rudelterritorien größer sind (Skandinavien im Mittel 960 km²/Rudel, Isle Royale 306 km²/Rudel)
- die Rudel kleiner als die auf Isle Royale sind (Skandinavien im Mittel 4,1 Wölfe/Rudel, Isle Royale 6,3 Wölfe/Rudel)
- die Altersstruktur der Elchpopulationen sich zwischen diesen Untersuchungsgebieten unterscheidet (der Anteil der Elchkälber in den Populationen beträgt in Skandinavien 28 % und auf Isle Royale 13 %)
Zwar ist die Elchdichte in beiden Populationen ähnlich, aber auf Grund der größeren Rudelterritorien in Skandinavien und der kleineren Anzahl von Individuen pro Rudel, haben die skandinavischen Wölfe Zugang zu drei mal so vielen Elchen pro Revier und 5 – 10 mal mehr Elche pro Wolf.
Der höhere Kälberanteil in der skandinavischen Elchpopulation hat in erster Line zwei Ursachen:
- die Art der Waldbewirtschaftung schafft gute Äsungsbedingungen für die Elche
- die Bejagung begünstigt eine gute Kondition und hohe Reproduktion bei den Elchen
Zusammenfassung und Übersetzung aus dem Schwedischen: Peter Peuker
Quelle: Svensk Jakt, 2. Juni 2014
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