Die schwedische Tageszeitung "Göteborgs-Posten" veröffentlichte am 25. Januar 2015 einen Artikel über die Bestandsentwicklung der 4 großen Raubtiere - Braunbär, Luchs, Vielfraß, Wolf - bei unserem nordeuropäischen Nachbarn.
Zunächst ist das eine Situationsbeschreibung, aber sicher liefert diese auch Anlass für kontroverse Betrachtungen der Thematik:
Während einer langen Periode stieg der Bestand der Raubtiere in Schweden. Aber jetzt ist dieser positive Trend gebrochen. In den vergangenen Jahren hat sich der Luchsbestand halbiert und die Braunbärenpopulation sinkt erstmalig seit den 1930-er Jahren.
Laut Bestandsinventur ist die Anzahl der Luchse zwischen 2009 und 2014 von 1.700 auf 840 Individuen gesunken.
Im gleichen Zeitraum hat sich der Braunbärenbestand um 15 % reduziert. 3.300 Tiere waren es und nun sind es noch 2.800 Bären. Innerhalb von 5 Jahren ist das eine Absenkung von 500 Individuen. Und erstmalig seit 80 Jahren sinkt die Population.
Auch der Vielfraßbestand wurde in letzter Zeit reduziert, von 750 auf 650 Vielfraße seit 2012.
Intensivierte Jagd
Die Ursache für die Absenkung der Bestandszahlen dieser Arten ist die verstärkte Jagd, die auf eine Reduzierung abzielt.
Nur die Wölfe weichen von diesem allgemeinen Muster ab. Die Art ist seit Beginn der 90-er Jahre relativ kontinuierlich angewachsen. Der Anstieg dürfte sich nach Meinung von Experten fortsetzen, auch wenn durch die Lizenzjagd in diesem Winter die Wachstumsrate kräftig sinken wird.
Die Frage ist, wie besorgniserregend diese Situation ist. Der Luchsbestand liegt jetzt unter dem für Schweden festgelegten Mindestwert von 870 Individuen und deshalb wurde die Luchsjagd in diesem Jahr gestoppt. Ist die Art gefährdet?
- Nein. Der Bestand ist weiterhin lebensfähig. Die Art ist eindeutig zurückgegangen, aber das war zu erwarten, sagt Henrik Andrén, Luchsforscher an der Schwedischen Landwirtschaftsuniversität (SLU).
Er weist darauf hin, dass die Bejagung in den Rentierwirtschaftsgebieten sehr stark gewesen ist. Gleichzeitig sind die Luchse in Mittelschweden auf Grund des Rückgangs des Rehwildes von Nahrungsmangel betroffen. Eine Besiedelung von Südschweden erfolgt, aber dies geschieht nur langsam.
- Das konnte nicht den Rückgang im Rest des Landes kompensieren. Darum ist es folgerichtig, dass jetzt die Jagd gestoppt worden ist, meint Andrén.
Schweden verliert
Nach Auffassung von Jon Swenson, Forscher im schwedischen Braunbärenprojekt, ist auch die Lage der Bären nicht problematisch. Der Bestand liegt weiterhin über dem für Schweden festgelegten Mindestwert von 1.400 Tieren.
- Eine Reduzierung ist das Ergebnis des politischen Willens. Viele Provinzen wollen den Bestand senken. Man merkt, dass es jetzt draußen in der Wildmark weniger Bären gibt. Wir rechnen mit einer Fortsetzung des Rückgangs, aber nicht so stark, um beunruhigt zu sein, zumindest noch nicht, sagt er.
Ein Effekt des Rückgangs der Raubtierbestände kann allerdings sein, dass Schweden seine Spitzenposition, was die Größe der Raubtierpopulationen betrifft, verliert. Der Luchsbestand im Land ist nach wie vor einer der größten auf dem Kontinent, aber wir sind vom dritten auf den vierten Platz zurückgefallen. Wenn der Wolfsbestand jetzt stagniert, könnten Frankreich, Portugal und die Slowakei bald mehr Wölfe haben als Schweden.
Fakten
Drei von vier großen Raubtieren in Schweden – Braunbär, Vielfraß und Luchs – wurden in den letzten Jahren zahlenmäßig reduziert. Im europäischen Vergleich hat Schweden weiterhin einen großen Raubtierbestand, aber wenn sich die Reduzierung fortsetzten sollte kommt es dazu, dass wir diese Poition verlieren.
Größte Raubtierpopulationen in Europa
- Wolf: Russland 15.000, Rumänien 2.500, Spanien 2.000, Ukraine 2.000. Schweden liegt auf dem zwölften Platz mit 370 Wölfen.
- Braunbär: Russland 43.000, Rumänien 6.000, Schweden 2.800, Finnland 1.700
- Vielfraß: Russland 1.400, Schweden 650, Norwegen 340, Finnland 160
- Luchs: Russland 8.000, Finnland 2.475, Rumänien 1.350, Schweden 840
Datenquellen: Internationale Union zur Bewahrung der Natur und natürlicher Ressourcen (IUCN) und Naturvårdsverket (schwed. Naturschutzamt)
Übersetzung aus dem Schwedischen von Peter Peuker
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