Die sogenannte "Loshundjagd" besitzt in Schweden schon eine lange Tradition. Dabei kommen u.a. Jämthunde, Elchhunde, Laiki und andere Jagdhunderassen zum Einsatz. Die Hunde spüren, verfolgen oder stellen während dieser Jagd das Wild, insbesondere Elche. Das geschieht z.T. in größerer Entfernung vom Hundeführer. Viele Jahrzehnte wurde diese Jagdmethode in nahezu wolfsleeren Gebieten praktiziert. Mit der Zunahme des Wolfsbestandes in Mittelschweden in den letzten anderthalb Jahrzehnten, ist die Wahrscheinlichkeit eines Zusammentreffens von Jagdhund und Wolf größer geworden. Der Wolf wird den Hund als Nahrungs-, Habitat oder Sexualkonkurrent in seinem Revier wahrnehmen und eine körperliche Auseinandersetzung nicht scheuen. Meist geht das zu Ungunsten des Hundes aus. Für den Jäger bzw. Hundeführer ist ein auf diese Weise getöteter oder schwer verletzter Hund oft eine sehr emotionale Angelegenheit, da eine enge Beziehung zwischen Mensch und Hund besteht. Zum anderen ist es auch ein wirtschaftlicher Schaden von mehreren tausend Schwedischen Kronen, weil die Ausbildung eines geprüften Jagdhundes sehr viel Zeit und Mühe beansprucht und Geld kostet.
In den letzten Jahren wurden u.a. Schutzwesten entwickelt, die Jagdhunde beim Zusammentreffen mit einem Wolf vor ernsthaften Verletzungen schützen sollen.
Das Wildschaftszentrum (Viltskadecenter) an der Schwedischen Universität der Agrarwissenschaften hat in der vergangenen Jagdsaison 2013/2014 eine dieser Wolfsschutzwesten testen lassen und die daran teilgenommenen Hundeführer über ihre Erfahrungen zum Einsatz der Schutzweste in der Jagdpraxis befragt.
Hier der Testbericht als pdf-Download.
Schweden: Hund vs. Wolf
In allen Regionen in denen Wölfe vorkommen und Hunde als Jagdhelfer eingesetzt werden, besteht eine reale Gefahr, dass Jagdhunde mit Wölfen zusammentreffen und dabei verletzt oder getötet werden. Wenn es beim kontrovers diskutierten Thema „Wolf“ um Übergriffe durch Isegrim auf Hunde geht, insbesondere auf Jagdhunde, wird nach meinen Erfahrungen bei uns oft die Situation in Schweden als Beispiel herangezogen.
Wie kann die Situation der zahlenmäßigen Wolfsübergriffe auf Hunde in Schweden nun dargestellt werden?
Das der Schwedischen Agrarwissenschaftlichen Universität (SLU) angegliederte Wildschadenszentrum (Viltskadecenter) und die Tierversicherung Agria haben dazu verwertbare und bewertbare Daten veröffentlicht.
Schadensstatistik des Wildschadenszentrums für das Jahr 2013
In der Statistik sind Übergriffe von Wölfen erfasst, wenn dabei Hunde verletzt oder getötet wurden und der Gutachter der Landesverwaltung zum Ergebnis gekommen ist, dass mit mindestens 50 %-iger Wahrscheinlichkeit ein Wolf der Verursacher war. Auf dieser Grundlage wurde im Jahr 2013 ein Schadensersatz von insgesamt 341.000 Schwedischen Kronen (ca. 37.000 Euro) für Wolfsübergriffe auf Hunde geleistet.
Statistik des Tierversicherers Agria über Schadensursachen bei Hunden
Mit dieser Statistik ist auch ein Vergleich der Schadensfälle bei Hunden die im Straßenverkehr mit denen bei Hunden die durch Wild, also bei der Jagd, verletzt oder getötet wurden möglich. Agria versichert etwa 40 % der Hunde in Schweden.
Es wird deutlich, dass die überwiegende Gefahr für Hunde durch den Straßenverkehr ausgeht. Bei den Schadensfällen bei denen Wildtiere die Verursacher waren, fällt der drastische Anstieg der verletzten und getöteten Hunde durch Wildschweine auf. Der Versicherer Agria geht davon aus, dass es bei den Übergriffen durch Wildschweine noch eine große Dunkelziffer gibt und die Zahlen nur die Spitze des Eisberges erfassen. Die Schadensfälle im Zusammenhang mit Wildtieren sind in Schweden unterschiedlich verteilt. So gibt es beispielsweise in Nordschweden keine Wildschweine und die Wolfsverbreitungsgebiete liegen in Mittelschweden. Die Statistik der Agria-Versicherung weist einen Rückgang der Schadensfälle bei denen Wölfe die Verursacher waren aus. Ursachen dafür könnten schneereiche Winter in den letzten Jahren sein, die den Einsatz von Hunden auf der Jagd erschwerten und die Umstellung der Jagdmethoden in den Wolfsgebieten, in dem die Hunde nicht geschnallt wurden (Anm. schnallen in der Weidmannssprache für den Hund zum jagdlichen Einsatz von der Leine lösen).
Zusammenstellung und Übersetzung aus dem Schwedischen von Peter Peuker (Wolfsbeauftragter in Brandenburg, Jäger und Hundeführer, Mitglied im Landesjagdverband Brandenburg)
Quellen: Viltskadecenter und Agria Djurförsäkring
Schweden: So werden Jagdhunde vor Wolfsattacken geschützt
Wissenschaftler von der schwedischen Universität für Agrarwissenschaften haben untersucht mit welchen Methoden Jagdhunde tatsächlich vor Wolfsattacken geschützt werden können. Es geht dabei vor allem um Meldeketten, Schutzwesten und andere Maßnahmen.
Jedes Jahr werden in Schweden 30 bis 40 Hunde bei Wolfsangriffen verletzt oder getötet. Das Risiko ist relativ gering, im Schnitt muss ein Hund einige tausend Jagdtage zum Einsatz kommen bevor er attackiert wird. Aber in einem Wolfsrevier ist das Risiko für den Jagdhund genauso groß von einem Wolf gerissen zu werden wie im Straßenverkehr zu verunglücken. Bisher fehlten Forschungsergebnisse über effektive Schutzmethoden. Hilft es beispielweise den Hund mit Urin zu versetzen, so dass er nach Mensch riecht, wie manche Jäger glauben? Nein, lautet die Antwort der Forscher des Wildschadenszentrums der Universität für Agrarwissenschaften.
Die Forscher haben bei ihrer Untersuchung 55 Jäger interviewt, deren Hunde in den letzten fünf Jahren von Wölfen gerissen wurden. Die Ergebnisse der Befragungen wurden dann mit den Angaben anderer Jägern verglichen, die ähnliche Bedingungen haben, deren Hunde jedoch nicht zu Schaden kamen.
- Als effektivster Schutz stellte sich das Spuren in dem zu bejagenden Gebiet heraus, also das Umfahren der Region bei Schnee. Dabei wird geprüft, ob sich Wölfe im Waldgebiet befinden. Wenn ja, werden die Hunde dort nicht von der Leine gelöst.
- Fast genauso erfolgreich sind Meldeketten, bei denen sich Nachbarn und Jäger gegenseitig durch SMS informieren, anrufen oder im Web über alle Wolfsspuren berichten, die sie festgestellt haben.
- Eine Schutzweste (aus Kevlar und mit spitzen Dornen auf dem Rückenteil) oder mehrere Hunde gemeinsam jagen lassen, war die drittbeste Methode.
Es scheint tatsächlich so, als wenn die Schutzwesten mit Dornen einen Effekt haben, so dass die Fortsetzung weiterer umfassender Tests viel versprechend ist, sagt Jens Frank vom Wildschadenszentrum, der federführend an der neuen Studie mitgewirkt hat.
Die neue Studie wird im Dezember publiziert.
Zusammenfasung und Übersetzung aus dem Schwedischen von Peter Peuker
Quelle: Sveriges Radio, 12.11.2014
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