Wissenschaftlich belegt ist, dass die Wölfe in Skandinavien mehr oder weniger stark von Inzucht betroffen sind. Die Senkung des Inzuchtkoeffizienten ist erklärtes Ziel des schwedischen Wolfsmanagements. Dazu müssen die Gene von Wölfen aus der benachbarten finnisch-russischen Wolfspopulation in die skandinavischen Wolfsrudel gelangen.
Doch eine Zuwanderung von der einen Population in die andere ist mit Hindernissen verbunden, denn dazu müssen die Wölfe durch die Weidegebiete der Rentierwirtschaft im Norden wandern und das erweist sich als ein problematisches Unterfangen. Beutetiere und unbesetzte Reviere findet ein wandernder Wolf dort im Norden reichlich, was wiederum den rentierzüchtenden Samis nicht gefällt, wenn vermehrt Rentiere gerissen werden und Isegrimm dort sesshaft sein möchte. Die Folge war bisher das eine sogenannte Schutzjagd auf diese Wölfe erfolgte und diesen das Ende bereitete.
Seitens des schwedischen Wolfsmangagements hat man nichts unversucht gelassen diese genetisch wertvollen Wölfe weiter in den Süden des Landes zu ihren dort vorkommenden Artgenossen zu befördern und deren Leben zu retten. Lokalisieren, einfangen, betäuben und mit dem Helikopter oder dem Auto nach Süden transportieren war eine gängige Methode.
Viele tausende schwedische Kronen sind dafür in die "Hand genommen" worden. Doch außer im Falle des sogenannten Tiveden-Wolfspaares wanderten alle "Zwangs-Umsiedler" wieder rauf in den Norden in die Rentierweidegebiete, wurden dann doch erschossen oder verschwanden spurlos wie im Falle der Junsele-Wölfin.
Auch fielen bisher drei der fünf genetisch außerordentlich wichtigen Nachkommen des Tiveden-Wolfspaares auf ihrer Wanderung auf der Suche nach einer Heimstatt Schutzjagden zum Opfer (1 x in Schweden, 2 x in Norwegen).
Der vom schwedischen Naturschutzamt veröffentlichte Schlussbericht über den Wolfsbestand im Winter 2013/2014 enthält unter anderem auch Aussagen zur aktuellen Situation des Inzuchtgrades der skandinavischen Wolfspopulation:
"Die skandinavische Wolfspopulation stammt von sieben aus der finnisch-russischen Population zugewanderten Wölfen ab. Das Nyskoga-Wolfspaar (Värmlands län/Schweden) gründete die Population im Jahr 1983. Der Gillhovs-Rüde (Jämtland län/Schweden) hatte Welpen in den Jahren 1991 bis 1993. Die Wolfsrüden aus den Revieren Kynna (Provinz Hedmark/Norwegen) und Galven (Gävleborgs län/Schweden) reproduzierten sich das erste Mal 2008. Das aus dem nordschwedischen Norrbotten län nach Süden umgesiedelte Tiveden-Wolfspaar (Örebro län/Schweden) hatte 2013 erstmals Welpen. Seit 1983 sind alle, außer sechs Elternpaaren, miteinander verwandt und haben somit von Inzucht betroffene Welpen bekommen.
Der Inzuchtgrad (Inzuchtkoeffizient) wird nach dem Anteil identischer Gene (Allele) mit gemeinsamem Ursprung, die die Individuen von ihren Eltern erben, beurteilt. Der Inzuchtkoeffizient variiert zwischen 0 und 1 und ist umso höher je verwandter die Eltern sind. Beispielsweise ist der Inzuchtkoeffizient bei Nachkommen von Geschwistern 0,25, während er bei 0,13 liegt, wenn die Nachkommen Cousin/Cousine sind. Unter den Würfen die zwischen 1996 und 2007 geboren wurden lag der durchschnittliche Inzuchtkoeffizient zwischen 0,13 und 0,30. Im Zeitraum von 2008 bis 2012 verringerte sich der Inzuchtkoeffizient auf einen Wert von 0,24. Ursächlicher Grund dafür sind die Einwanderer im Galven- und im Kynna-Revier samt mehrere ihrer Nachkommen (so genannte F1 Generation) sowie die daraus hervorgegangenen Tiere. Im Jahr 2013 betrug der durchschnittliche Inzuchtkoeffizient 0,25, also noch etwas höher als 2012. Die leichte Veränderung hing vor allem davon ab, dass weniger Wolfspaare aus der F1-Generation in 2013 reproduzierten (n=9) als im Jahr davor (n=12), was zu Erhöhung des Inzuchtgrades beitrug und gleichzeitig der Zugewinn durch die Reproduktion des Zuwanderer-Paares im Tiveden-Revier eine geringere Auswirkung hatte."
Quelle: Naturvårdsverket
Übersetzung aus dem Schwedischen: Peter Peuker
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